Durch das mehrfach differenzierte Material lassen sich Lesespaziergänge sehr gut für differenzierte Lesestunden einsetzen.
In Jami-Klassen ist es oft gar nicht so einfach, gemeinsame Unterrichtsinhalte für beide Jahrgangsstufen passend aufzubereiten. Aber das gemeinsame Lernen ist ja gerade der Sinn des Ganzen. Gerade im Bereich des Lesens gestaltet es sich in der 1/2 Jami Klasse oft schwierig, gemeinsam an einer Aufgabe zu arbeiten. Schließlich lesen die Erstklasskinder zu Beginn noch sehr stockend und langsam. Die Fibeltexte sind oft langweilig und für Zweitklässler (in der Regel) definitiv nicht anspruchsvoll genug. Sobald die Erstklasskinder die ersten Worte selbstständig lesen können, nutze ich deswegen gerne Lesespaziergänge, die 3fach differenziert sind, auf beide Lerngruppen passen und zudem Zusatzaufträge für schnelle Leser bereithalten.
Wie funktioniert so ein Lesespaziergang in 1/2?
Meist gibt es eine gemeinsame Rahmenerzählung. Diese kann vom Lehrer oder einem starken Zweitklässer vorgelesen werden, als Lehrervortrag erzählt oder anhand eines Bildes gemeinsam rekonstruiert werden. Ausgehend von dieser Rahmenerzählung gibt es für die Kinder eine Art Rätsel, das über das Lösungswort gelöst werden soll. Das kann zB ein verschwundener Gegenstand sein, dessen Aufenthaltsort durch das Lösungswort herausgefunden wird. Oder das Lösungswort ist ein Spruch, ein Satz oder Ähnliches, wodurch die Problemstellung der Rahmenerzählung am Ende aufgeklärt wird. Zu Beginn des Lesespaziergangs werden die ca 20 dazugehörigen Bilder an die Tafel gehängt. Natürlich können sie auch im Klassenzimmer oder Schulhaus verteilt werden. Ich habe in 1/2 allerdings die Erfahrung gemacht, dass es an der Tafel für die Kinder am übersichtlichen ist.Anhand von Leseaufgaben zu diesen Bildern "errätseln" sich die Kinder dann das Lösungswort / den Lösungssatz. Diese Aufgaben sind 3fach differenziert. In meinen eigenen Lesespaziergängen ist der Schwierigkeitsgrad durch Einstern-, Zweistern- und Dreistern-Aufgaben gekennzeichnet.
Die Einstern-Aufgaben eignen sich für die meisten Erstklasskinder (im Laufe des Schuljahres schaffen es schnelle Leser auch mal zu Zweistern-Aufgaben). Bei den Einstern-Aufgaben muss in der Regel pro Bild nur ein Wort gelesen werden. Die Kinder lesen dieses und suchen dann das dazu passende Bild. Die dazugehörige Bildnummer tragen sie dann in einer Art Tabelle neben das gelesene Wort ein. In der Spalte daneben steht wiederum ein Lösungsbuchstabe. Haben die Kinder auf diese Weise dann alle Lösungsbuchstaben nummeriert, können sie die Buchstaben anhand der Nummern in das Lösungsgitter eintragen. Die Zweistern-Aufgaben funktionieren ähnlich, allerdings natürlich etwas komplexer. Die Kinder erhalten nach Bildern geordnet und nummeriert jeweils eine Aussage pro Bild. Sie lesen diese und entscheiden anhand des Bildes, ob die Aussage zutrifft oder nicht. Je nach Entscheidung kreuzen sie dann hinter der Aussage einen von zwei möglichen Lösungsbuchstaben an. Am Ende erhalten sie auf diese Weise auch das Lösungswort. Die Dreistern-Aufgaben verlaufen ganz genauso wie die Zweistern-Aufgaben, mit dem Unterschied, dass die zu lesenden Aussagen ein bisschen komplexer sind. Stellenweise müssen die Kinder dabei natürlich auch zu den einzelnen Bildern hinlaufen, wodurch der Lesespaziergang eben auch seinen Namen hat. Sinnvoll ist es auch, wenn man zB an der Rückseite der Seitentafel Lösungsübersichten bereit hält, so dass die Kinder sich auch selbstständig kontrollieren können. Für schnelle Leser gibt es passend zum Lesespaziergang Zusatzaufträge, die ebenfalls wieder 2fach oder 3fach differenziert sind. Durch die 3fache Differenzierung in den Hauptaufgaben erzielt man eine qualitative Differenzierung, durch die Zusatzaufgaben kann man dann eben auf den einzelnen Stufen auch nochmal quantitativ differenzieren.
Am Ende wird das Rätsel / die Problemstellung noch mal gemeinsam aufgelöst, die Rahmenerzählung gemeinsam beendet. An dieser Stelle lohnt sich natürlich auch eine Reflexion des Arbeitsablaufes: Wo gab es noch Schwierigkeiten? Was war knifflig? Wurde leise gearbeitet? etcFazit:Für mich hat sich die Arbeit mit Lesespaziergängen in 1/2 bewährt. Wenn die Kinder den Ablauf einmal verstanden haben, dann können sie sehr selbstständig daran arbeiten. Die Motivation ist sehr hoch, da Lesespaziergänge den kindlichen Entdeckerdrang anregen. Durch die ordentliche Differenzierung können alle Kinder ihrem Leseniveau entsprechend arbeiten und durch die Zusatzaufträge kommen auch schnelle Leser nicht zu kurz, ohne dass langsamere Kinder gehetzt werden müssen.
Beispiele:
"Die verzauberten Tiere":
In diesem Lesespaziergang geht es um die Fee Evarina, die aus Versehen durch einen misslungenen Zauberspruch Unordnung in das Tierreich gebracht hat: plötzlich trägt der Bär ein Kleid, der Hund hat einen Schirm, etc... Anhand der Leseaufgaben erhalten die Kinder den Zauberspruch, der wieder Ordnung ins Chaos bringt. Die Zusatzaufträge verlangen außerdem Kreativität, wenn es zB darum geht, selbst Fantasietiere zu malen.
"Zauberzirkus":Eine weiterer Lesespaziergang beschäftigt sich mit dem Thema Zirkus ohne Tiere. Die kleine Hexe hat mit einem beherzten Zauberspruch sämtliche Tiere aus dem Zirkus befreit. Auch wenn sie die Entscheidung richtig findet, so vermisst die anschließend die Tiere doch ziemlich und ist deshalb sehr traurig. Da überlegen sich die Clowns eine besondere Show, um die kleine Hexe wieder aufzumuntern....
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